Yoga und Faszien 

Einer der bedeutendsten Namen auf dem Gebiet der Faszienforschung ist Peter Schwind (Rolfer, Osteopath, Dozent und Autor), der die Faszien das „Gewebe des Lebens“ nennt:
„ Faszien sind Gewebsschichten, die unserem Körper seine innere und äußere Form geben. Sie umhüllen den Körper als Ganzes, sie umhüllen aber auch alle seine Teile, die Muskeln, Sehnen und Knochen ebenso wie die Organe, die Gefäße und die Nerven, sogar das Gehirn und das Rückenmark. Ohne Faszien wären wir formlos, würden von außen ungefähr wie eine Amöbe aussehen, während im Inneren unseres Organismus bei jeder Bewegung alles durcheinanderpurzeln würde. Faszien reagieren darauf, wenn wir immer wieder dieselben Bewegungen ausführen, z.B. bei der Bedienung der Maus am Computer. Sie reagieren auch auf die Gewohnheit, immer wieder in derselben Haltung vor dem Bildschirm zu sitzen. Sie bilden eine Brücke zwischen der Aktivität unserer Muskeln und unseren Emotionen. Sie stehen in Verbindung mit unseren Nerven und unserem Gehirn. Sie sind, angefangen von den ersten Stunden des Embryos bis ins hohe Alter, das Bindeglied zwischen allem, was unseren Körper und unsere Person ausmacht. Sie sind das Gewebe des Lebens.“
(aus: „Faszien – Das geheimnisvolle Netzwerk des Körpers und seine Bedeutung für unsere Gesundheit“ von Peter Schwind).

Die Faszien eines jungen Menschen unterscheiden sich erheblich von denjenigen eines älteren. Zum einen enthält das ältere Gewebe weniger Flüssigkeit. Zum anderen kann man feststellen, dass beim jungen Menschen die Muskelfaszien ein klares Scherengitter aufzeigen, während dieses beim älteren Menschen eher ungeordnet, verklebt und chaotisch aussieht. Die Muskeln verlieren dadurch ihren Spielraum und geraten unter Druck. Deshalb fällt es einem älteren Menschen schwerer, sich zu bewegen, zu beugen oder zu strecken.
Sobald sich das Fasziensystem verhärtet, geraten auch die Organe im Innenraum unter Druck. Dabei kann die Funktion der Faszie –   nämlich das Organ zu umhüllen, zu schützen und zu versorgen – nicht mehr erfüllt werden. Im Gegenteil: die starre Faszie verliert ihre eigentliche Funktion und wird zu einer ernsthaften Behinderung für das Organ, zu einer Art Gefängnis.

Im Rücken z.B. kann die Aufrichtung nicht mehr gewährleistet werden. Am sichtbarsten zeigt sich das z.B. dadurch, dass ein älterer Mensch oft plötzlich ein paar Zentimeter kleiner ist als früher.
Die Wirbelkörper werden unnötig zusammengedrückt, schwingen nicht mehr im sogenannten Faszienbett, sondern stecken fest im erstarrten Gewebe. Da sich die Meridiane (Energiebahnn) bekanntlich zwischen den einzelnen Faszien befinden, kann sich bei verklebten Faszien auch die Energie nicht mehr frei fortbewegen. Es entstehen nicht nur physische, sondern auch energetische Blockaden.
Weniger Flüssigkeit, Energie und Elastizität erzeugen im ganzen Körper mehr Steifheit, selbst im Kopf und den Hüllschichten unseres Gehirns. Dies wiederum kann verheerende Folgen haben und z.B. häufiger ein Schädel-Hirn-Trauma auslösen, da sich dadurch ein größerer Abstand zwischen Gehirn und Schädelknochen bildet. Bei einem Sturz oder Schlag fehlt deshalb die natürliche Federung, die z.B. bei einem Baby noch vorhanden ist.

All diese Fehlentwicklungen der Faszien sind häufig die Ursache für Schmerzen, Entzündungen oder Krankheit.
Es ist deshalb von großer Bedeutung, mehr Bewusstheit für unser wunderbares Fasziensystem zu entwickeln und dieses durch regelmäßige Fasziengymnastik oder Faszienyoga beweglich und gesund zu erhalten.

Unser Bewegungsapparat ist ein lebendiges Gefüge. Schon lange sprach man im Rolfing oder anderen Körpertherapien wie Rebalancing von der großen Bedeutung des Bindegewebes und würde heute Fasziensystem sagen. Eine Faszie liegt zwar z.B. um einen Muskel wie eine Haut, verbindet diesen auch über die Sehne zum nächsten Knochen —   aber sie verbindet auch zur nächsten Faszie, so dass Faszien letztendlich wie ein Kleid oder Spannungsnetz als ganzes System im ganzen Körper miteinander verbunden sind fast wie ein Taucheranzug. Selbst die Organe sind in Faszien eingepackt und können durch den Bewegungsapparat unterstützt oder behindert werden.

Obwohl Faszien, bestehend aus Kollagen und Elastin, bis vor Kurzem sehr schwierig an einem lebenden und gesunden menschlichen Körper zu studieren waren, ist es für Fleischesser einfach, sich die Faszien vorzustellen, da sie als das weiße, faserige, zähe Gewebe im Fleisch sichtbar sind.

Die Faszien sind das sogenannte Spannungsnetzwerk des Körpers. Sie bestehen aus Kollagenfasern und dienen der Kraftübertragung. Ihre Form hängt somit sehr von der Kraft und Spannung ab, die auf sie wirkt. Bis zu 40 Prozent der Kontraktionskraft eines Muskels werden nicht durch die spezielle Sehne, sondern durch die fasziale Verbindung zum Muskel gesendet. So gibt es sehr starke Faszien an Stellen, die oft und schwer belastet werden. Weiter bestehen zwei Drittel des Volumens der Faszie aus Wasser, was erklärt, warum Menschen mit zunehmendem Alter steifer werden: Durch einseitig und ständig wiederholte Bewegungen kann das Gewebe dehydrieren und die Faszie verliert an Elastizität und Belastungsfähigkeit. Auch extremer Sport oder heftiges Yoga ist deshalb nicht unbedingt förderlich.

Ein weiterer wichtiger Begriff ist „Tensegrity“ ( tension – Spannung und integrity – Zusammenhalt). Tensegrity ist ein Begriff aus der Architektur und bezeichnet ein Bauwerk, das nicht starr durch Druck gehalten wird, sondern bleibt weich und gibt sich als Ganzes gegenseitig Stabilität.

Es ist wichtig zu verstehen, dass selbst eine noch so kleine Änderung der Fußposition auch eine Veränderung im Rumpf oder Schultern/Kopf erzeugen kann. Dadurch wird jede Bewegung fließender und ganzheitlicher.

Wenn wir mit diesem Bewusstsein Yoga machen, wird unser Verstehen und unser Blickwinkel völlig verändert. Wir entwickeln ein Gefühl, dass der ganze Körper etwas Lebendiges und Zusammenhängendes ist. Eine ständig wechselnde und achtsame Dehnung, Zugrichtung und Belastung formen und verbessern die Faszienkommunikation. Wenn der Körper in dieser Art begegnet wird, spürt jeder nach einiger Zeit eine wunderbare Lebendigkeit, die im ganzen Körper fließt.

Will man gezielt am Fasziensystem durch Yoga üben, ist es zudem nötig zu wissen, welcher Bindegewebstyp du bist. Laut Dr. Roberg Schleip gibt es Wikinger (festes Bindegewebe), Schlangenmenschen (sehr weiches Bindegewebe) und natürlich viele Mischtypen.
Während der erstere Dehnung braucht, ist für den zweiten Stabilisierung und Straffen sinnvoller.

Dieses ganze Wissen unterstützt uns heute, liebevoller, achtsamer und gezielter mit dem Körper üben zu können. Außerdem hat die Faszienbewusstsein das ganze Yoga und die Beziehung zu den einzelnen Asanas nochmal von Grund auf verändert.

Was ist Achtsames Yoga?

Jeder möchte sich selbst sein, heute im Zeitalter der Individualität und Freiheit mehr denn je.
Aber wie geht das?
Sicher ist, dass das Erleben und Fühlen des Körpers von innen eine absolute Notwendigkeit ist, um mit sich selber in Kontakt zu kommen.

Wir leben heute in einer sehr schnellen, zielorientierten, aktiven Gesellschaft, die sich mit den virtuellen Möglichkeiten mehr und mehr von körperlichem Empfinden entfernt. Innere Anspannung durch Stress sowohl im Verstand und Psyche (Depression, Burn-out, Demenz und Alzheimer) wie auch im Körper als Muskel-, Bindegewebs-, Nerven- oder Organschmerzen sind die Folge. Es muss angenommen werden, dass viele dieser Symptome ein Ruf sind, zurückzukehren zu einer Balance zwischen Körper, Seele und Geist.

Ständige innere Anspannung verhindert Durchlässigkeit, inneren Fluss sowie Erdung und das Gefühl von Zentriertheit. Dies wiederum hat zur Folge, dass wir uns getrennt fühlen von uns selber, aber auch von anderen und vor allem von Angebunden- oder Eingebundensein in höhere Ebenen.
Dadurch fehlt uns mit Sicherheit auch Verbindung zur lebenspendenden Kraft von Prana (Chi, Pneuma), der göttlichen Kraft die alles erschafft, heilt, schützt, zerstört und bewegt.

Natürlich leben viele einfachere Kulturen ganz spontan oder instinktiv in einer solchen Balance. Diese sind aber meist unbewusst natürlich.
Um sich in Bewusstheit weiterentwickeln zu können, musste das alte „natürliche oder automatische“ Gleichgewicht auseinanderfallen. Gerade Menschen oder ganze Völker, die unter dem Ungleichgewicht leiden oder durch physische wie psychische Krankheiten wachgerüttelt werden haben ein Potential, sich im menschlichen Potential von Bewusstheit und Spiritualität weiter zu entfalten. Das ist nur in einer Krise möglich, denn, solange alles rund läuft, hat keiner den Antrieb oder Grund, Dinge zu hinterfragen. In diesem Sinne ist eine Krise nicht nur negativ.

Yoga hat sich heute in der westlichen Gesellschaft einen festen Platz erobert. Viele Richtungen wie Hatha, Ashtanga, Vinyasa, Kriya, Yin, Kundalini, Hormonyoga und viele mehr sind heute im Angebot.

Ich selber übe eine Mischform und habe mich auf den Namen „achtsames Yoga“ spezialisiert, zum einen durch physische Übungen, aber auch durch gelenkte Visualisierung, Bewusstheit und Meditation.
Achtsames Yoga basiert auf einer Entschleunigung, um „Tiefensensibilität zu entwickeln und genau zu fühlen, wie viel Dehnung und Anstrengung guttut. Das Bindegewebe ist voll mit Rezeptoren jeder Art (Mechano-, Schmerz-, Chemo- und Thermorezeptoren), deren Rückmeldungen abzufragen wir teilweise lernen können“.
Nur so kann das innere Erleben in den Vordergrund rücken. Das Ausüben von Asanas (Übungen oder Stellungen) ist eine Möglichkeit, sich selbst zu erfahren in Schwäche, Kraft, Grenzen, Gleichgewicht, Akzeptieren, Freundlichkeit und Authentizität mit sich selbst   –   eben als Voraussetzung, um mehr und mehr sich selbst zu sein, und in jedem Moment in seiner eigenen Realität verwurzelt und doch mit allem verbunden zu sein

Frausein heute

Die Frau konnte sich durch die in den letzten Jahrhunderten eingerichtete Verurteilung von Körperlichkeit und Sexualität nie in ihrer Kraft entfalten. Sie hat ihre ursprünglichen natürlichen Fähigkeiten vergessen und ist heute gefangen in ihrer Identität in bezug auf den Mann, auf Muttersein, ihre Karriere als Berufsfrau oder überlastet in Doppelrollen. Gerade für die Frau aber ist der Körper, das Becken, der Bauch, die Brüste, ihre sexuelle Lust und Hingabe von besonderer Bedeutung, um ihre Liebe und Kraft zu nähren.

Der Körper und sein Gesund- und Schönsein, die weibliche Sexualität und Sinnlichkeit, alle intensiven Gefühle, Phantasie, Intuition sowie unsere Liebe und Verletzlichkeit sind in ihrer natürlichen Entwicklung und ihrem lustvollen Ausdruck behindert worden. Alles, wofür wir uns heimlich schämen oder wundern, uns minderwertig oder wertlos vorkommen, uns isolieren, vergleichen oder verurteilen, sind machtvolle, in unsere Persönlichkeitsstruktur einprogrammierte Barrieren, die unsere Lebensenergie verschlucken, binden oder krüppeln. Zusätzlich sind wir in Konditionierungen unserer Gesellschaft gefangen, die das Konkurrenzdenken und -empfinden zwischen Frauen nähren und unterstützen.

Um nun unsere Wurzeln, unsere ureigene Kraft und Energie, unser Vertrauen und unsere Stärke wieder spüren zu können, müssen wir den entstandenen „alten Schatten“ begegnen und sie auflösen. Auch müssen wir lernen, uns selbst und andere Frauen mit den Augen des Herzens und Frau-Sein mit einem neuen Verständnis anzuschauen: Da ist das Mädchen und die Königin, die Furie, die Hexe und die erotische Frau, die Mutter und die Liebende, die Künstlerin und die Kämpferin.
Es ist Zeit zu erfahren, dass die Kraft der Frau durch Frauen genährt werden muss und wir uns wieder oder endlich dem zuwenden können, was für die weibliche Energie wesentlich ist.

Zum einen haben die verschiedenen Seminare unterschiedliche Themen und Schwerpunkte, aber wir beginnen immer da, wo wir sind und öffnen uns im Schutzkreis der Frauen für ein tieferes Loslassen in die heilende Kraft unserer Intuition und Weisheit, um uns im Tanz der Befreiung neu zu entfalten. Dabei unterstützen uns Gesprächsrunden, Massage, Energie- und Körperarbeit sowie Tiefenentspannung, Rituale, Tanz und Meditation.

Stille ist immer da

Wusstest Du, dass Stille immer da ist?

Genau wie der Himmel und das Licht hinter den Wolken ist hinter allen

Geräuschen und allem Lärm auch die Stille völlig unberührt immer da.

Wir leben in einer stressigen und hektischen Zeit. Die Ansprüche des täglichen Lebens an jeden von uns sind enorm gestiegen. Die nervliche Anspannung und Belastung sind zu einem gesundheitlichen Problem geworden bis hin zu Erschöpfung, Burnout, Herzinfarkt und Nervenzusammenbruch. Dann spätestens wird vom Arzt dringend Ruhe verordnet.

Jeder aber sehnt sich auf irgendeine Art nach Stille, Frieden und Abschalten. Jeder kennt das Gefühl, keine Ruhe zu finden, weil der Verstand ununterbrochen denkt und auf einen einredet! Ist der Lärm nun außen oder innen?

Viele können nur noch „abschalten“, indem sie andere Reize produzieren oder sich ablenken. Andere fliehen den äußeren Lärm und suchen die Stille in der Natur, wandern in die Berge, üben Meditation oder ziehen sich zurück in sogenannte Retreats in einen Ashram oder ein Kloster.

Doch auch nach „Inseln der Erholung“ kommen leider Lärm und Hektik schnell zurück.

Wie oft war ich selber überzeugt, es diesmal geschafft zu haben, die Stille auch im Alltag behalten zu können, gelassener zu sein, mich nicht mehr vereinnahmen zu lassen, meine Muster und Überlebensstrategien gesehen und losgelassen zu haben………….. und doch haben Erwartungen, Pflichten und Druck im Alltag mich oft bald wieder vereinnahmt.

Dies ist eine äußerst schmerzliche Erfahrung. Es ist, als ob der Verstand sich sofort verbindet mit der in der Gesellschaft vorherrschenden Unbewusstheit, die alten Persönlichkeitsmuster wieder aufnimmt, und das Lärmkarussell von Neuem losgeht.

Dies ist in der Geschichte der Menschheit kein neues Problem. Es geht seit Tausenden von Jahren um das Gleiche: Stille, Befreiung und Erleuchtung. Selbst Buddha vor fast 3000 Jahren hat von dieser Stille gesprochen und genaue Anleitungen zur täglichen Praxis gegeben.

Er sagt in etwa: Ein Leben im Jetzt, frei von Gedanken, Zweifeln, Überzeugungen und Angst kann nur über Körper-Achtsamkeit und Atemwahrnehmung erreicht werden. Der Atem ist immer Jetzt und verbindet uns in Bewusstheit sofort mit unserem Körper. Unser Verstand mit seinem Gedankenstrom verweilt immer in der Vergangenheit oder Zukunft, analysiert ein aktuelles Problem oder projiziert Vergangenes auf die Zukunft. Er produziert damit ständig Stress und Anspannung im Nervensystem.

Wie wäre es, wenn ich in einem Moment von Überlastung genug Bewusstheit hätte um innezuhalten, erst mal tief durchzuatmen, mich ein bisschen zurückzulehnen, um wahrzunehmen, was gerade los ist: Kann ich mich nicht abgrenzen? Will ich mehr sein als ich bin? Will ich perfekt sein um zu gefallen? Habe ich Angst zu versagen? Muss ich mich schämen, wenn ich nicht gut genug bin? Habe ich mir schon wieder zu viel zugemutet? Habe ich Angst zu überleben, wenn ich mein Konto sehe? Kreiert der Verstand schon wieder eine düstere Zukunft?

Aber ………..ist es wirklich wahr? Geht die Welt wirklich gleich unter, wenn ich mal nicht perfekt funktioniere oder was vergessen habe?

Der sichere Platz

Durch unsere Lebensweise sind wir alle unserem Körper entfremdet. Schon das kleine Kind wird auf Leistung trainiert und richtet sein Zentrum im Verstand ein. Es verliert den natürlichen Kontakt zu seinem Körper, den Gefühlen und der eigenen Wahrnehmung mehr und mehr. Der Verstand übernimmt die Führung. Unruhe im Körper, Unzufriedenheit, Müdigkeit, Anspannung, Schmerzen und Krankheit sind meist Zeichen und Botschaften für einen dominanten Verstand.

Leider ist es so, dass wir durch unsere Urteile den Körper verkrüppelt und verunreinigt haben. Deshalb ist es oft nicht leicht, in diesen zurückkehren zu wollen. Es ist Körperarbeit nötig, um die Zellen und das Gewebe zu reinigen sowie Blockaden abzubauen und die Energie im Körper wieder ins Fließen zu bringen. Der Körper ist wie ein verschmutztes Haus. Dieses muss gereinigt, entrümpelt und gelüftet werden, um sich darin wohl zu fühlen.

„Energie folgt der Aufmerksamkeit“ sagt bereits eine uralte hawaiianische Weisheit.

– richte deine Aufmerksamkeit auf deinen Atem und ankere dich im Jetzt, in deinem Körper, deinem sicheren Platz.

Bemerke, wie sich das Nervensystem entspannt und entdecke: Die Stille war schon immer da!

Erkenne, wer du wirklich bist, ein Teil des Ganzen, ein denkendes Molekül im göttlichen Universum.

Bewusstheit
Pfad der Achtsamkeit  – Der Fels in der Brandung


Achtsamkeit heißt, alles bewusst und aufmerksam zu erfahren, voll da zu sein für diesen Moment. Sie ist leider nicht einfach vorhanden, sondern muss immer wieder geübt werden. Dies klingt sehr einfach, ist aber in unserer unruhigen, kopf- und leistungsorientierten Welt mit viel Arbeit, Anstrengung und Hingabe verbunden, denn im Gegensatz zu aktivem Denken bedeutet dies Passivsein, was für viele ein Lernprozess ist.  Achtsamkeit ist das Kernthema vieler Meditationsschulen und  auch des

Buddhismus und somit  mindestens 2500 Jahr alt.  Meditation ist über viele Jahrhunderte  Aufgabe der Mönche gewesen,  heute aber ist sie jedem zugänglich geworden. Eines ist sicher: Das Leben hat sich in den 2500 Jahren seit Buddhas Tod verändert, aber die schwierigen Themen sind immer noch die gleichen: Geburt, Leid, Armut, Alter, Krankheit, Vergänglichkeit, Tod, Trennung, Trauer und Schmerz.  Die Vermeidung dieser  Themen verhindert nicht nur inneres Wachstum, sondern auch das einzigartige Potential des Menschen für das bewusste Erleben dieses Moments.

Während Alltagsstress oder eben auch Stress mit dem Körper, mit Leid und Krankheit unser Immunsystem schwächt, fördert Achtsamkeit und Meditation die Selbstheilungskräfte sowohl bei körperlichem wie auch psychischem Schmerz. Außerdem schafft  Achtsamkeit Bewusstheit:  Bewusstheit steht wie ein Fels in der Brandung umspült von Wellen, die kommen und gehen  – diese Wellen sind Gefühle, Gedanken, Glück und Leid, Freude und Schmerz, Wiedersehen und Abschied, Liebe und Hass. In Bewusstheit kann man zudem auch eine Verbundenheit mit der Seele, der Quelle und seiner eigenen  Ganzheit oder Essenz erfahren.

Stress entsteht immer, wenn man die Situation als solche ablehnt. Meditation schaut diese an ohne zu urteilen. Dies braucht viel Mut, denn man muss mit dem zunächst abgelehnten Symptom und der damit verbundenen Angst näher Kontakt machen.  Meditation heißt da sein, wo man gerade ist, eigentlich gar nichts Außergewöhnliches oder gar nichts Heiliges, es sei denn man versteht heilig in seiner wirklichen Bedeutung, nämlich heil- oder ganz-sein.

Wir streben  in unserer zivilisierten Welt  vor allem nach mehr Sicherheit und Kontrolle: Man zieht es vor, Stress zu meiden, sich zu betäuben, sich vor schwierigen Lebenserfahrungen zu drücken oder sich zurückzuziehen (Aussteiger). Insbesondere chronisch Kranke oder Kranke ohne Heilchance haben durch ihre damit verbundene Schwäche jegliche Kontrolle verloren. Dadurch ist es schwieriger, auszuweichen oder sich abzulenken, was viel Hilflosigkeit, Angst, Zorn und Verzweiflung – also Stress auslöst. Meditation hilft, diesen Stress und diese Schwierigkeiten mit Abstand zu betrachten, sich aus Identifikationen zu lösen und eine neue Einstellung zu kreieren. Dadurch wird gerade der von seinen negativen Gefühlen überschwemmte Kranke aus seiner Hilflosigkeit wenigstens zeitweise erlöst, und er kann etwas tun.

Aber, Bewusstheit  ist nicht einfach da   –   sie muss geschult und stetig geübt werden.

Was ist Körperbewusstsein oder warum Körperarbeit?

In der Regel ist der moderne westliche Mensch nicht in seinem Körper. Der Verstand verschlingt alle Energie und verwandelt diese in Denkmaterial. Zwanghaftes Denken ist zu einer kollektiven Krankheit geworden.

Es ist dringend nötig, den Fokus der Aufmerksamkeit vom Denken weg und in den Körper zu richten.

Nur hier kann das Sein als Erstes wahrgenommen werden, als unsichtbares Energiefeld, das dem, was du als physischen Körper erfährst, sein Leben gibt. Der sichtbare und greifbare Körper ist nur die äußere Schale einer tieferen Realität. Diesen äußeren Körper zu bewohnen heißt, diesen von innen spüren zu lernen. Nur so kannst Du immer tiefer gehen und mit deinem Sein in Kontakt kommen (Eckhart Tolle: Jetzt). Du kannst üben, Hände, Füße, Beine Arme Bauch oder Brustkasten von innen zu fühlen. Sind sie lebendig, ist da ein Kribbeln, Strömen, Kälte, Wärme, Schmerz oder Wohlgefühl?

Körperarbeit und -ausdruck, z.B. Berühren, Atmen, bioenergetische oder gymnastische Übungen, auch Tönen, Tanzen, Yoga oder Stretching helfen, diese Bewusstheit einzurichten und mehr und mehr zu verfeinern. Der erste Schritt ist immer, erst mal gewahr und aufmerksam zu werden. Dann beginnt man, den Körper genauer bis in alle Zellen wahrzunehmen, sein Funktionieren, Fühlen, energetisches Fließen und Zusammenhänge mehr und mehr zu verstehen. Es ist als ob sich ein wahres Wunder entfaltet, ein wirklicher Kosmos im Kleinen.

Der Körper ist der sichtbare Teil des unsichtbaren Geistes. Unbewusstheit ist die Quelle vieler Konflikte. Die Entwicklung des eigenen Körperbewusstseins ist unumgänglich, wenn sich äußerlich was verändern soll. Die Erforschung der eigenen Innenwelt ist ein Muss, um gesund und heil zu sein.

Der Körper hat durch unsere unnatürliche Lebensweise viele Blockierungen, Spannungen und psychosomatische Unausgewogenheiten entwickelt. Diese wollen gesehen und gelöst werden, um sich nicht in Krankheiten bemerkbar machen zu müssen. Deshalb ist es wichtig, den Blick nach innen zu wenden. Aufmerksamkeit und bewusstes Atmen helfen, ein immer genaueres Bild zu kreieren von unserer eigenen inneren Körper-Geist-Welt. Dies wiederum ist die Voraussetzung, den Körper von innen fühlen zu lernen. Erst dann ist ein Mensch im Kontakt mit sich selber und präsent mit dem, was ist. Die Schulung des Bewusstseins für Körperwahrnehmung ist unser erster Schritt. Darauf folgt die Entwicklung von Bewusstheit für Gefühle im Körper, und erst dann ist Bewusstheit für Urteile und Gedanken möglich.

Je mehr sich ein Mensch innen in Bewusstheit verbindet, desto mehr ist er  auch mit äußeren und höheren Energieebenen verbunden. Diese innere Verbindung ist  wiederum die Voraussetzung für den Kontakt zu dem, was du wirklich bist.

Älterwerden – Reiferwerden  – Erwachsenwerden

Alt werden wir von alleine. Reif und erwachsen zu werden braucht meines Erachtens viel Ausdauer, Aufmerksamkeit,  Bewusstheit und Meditation. Mit der Reifeprüfung bei meinem Abitur, dachte ich, jetzt hab ich‘s geschafft………..doch das war noch gar nichts. Die Liebesbeziehungen, Familie, Kinder, berufliche Einbrüche, das Leben hat mich eines anderen belehrt. Es war eher so, dass der leidgeschwängerte Weg mir was sagen wollte, was ich lange nicht verstand und hartnäckig durch Kontrolle in Griff kriegen wollte. Ich hatte doch die Reifeprüfung hinter mir, ich bin doch erwachsen, ich muss es doch alleine schaffen jetzt – so dachte ich.

Was eine Anstrengung! Krankheit stoppte meinen Ehrgeiz, mein Bemühen, meine Illusion…..
nur langsam begann ich zu begreifen. Unser Körper unterliegt dem natürlich Kreislauf von
Entstehen und Vergehen. Wechsel und Veränderung gehören zum Leben und sind wohl das
einzig Sichere.

Die Aussage von Buddha über den Kreislauf des Lebens Geburt – Alter – Krankheit – Tod vor mehr als 2500 Jahren konnte auch durch die modernste Wissenschaft und Technologie nicht wirklich widerlegt werden: Wir können wohl das Altern ein bisschen aufhalten und rausschieben, Falten weg lasern,auffüllen oder straffen. Wir können wohl dies und das unternehmen, um jung, stark, dynamisch und gesund zu bleiben. Aber die Natur können wir nicht besiegen. So wie sich in unserer modernen Welt die Beziehung zum Körper verschlechtert hat, so können wir heute schlechter älter werden. Das Alter ist was Unangenehmes geworden, alte Leute werden in Heime abgeschoben. Man muss sich fast schämen, alt zu werden, als ob man versagt hat. Unsere ganze zivilisierte Gesellschaft leidet meines Erachtens unter Unreife und mangelndem Verstehen.Es gibt andere Länder, welche die Weisheit des Alters mehr achten und ehren, so wie viele Naturvölker oder z.B. China, wo erst der 50. Geburtstag als gefeiert wird, weil sie der Ansicht sind, dass man davor eben noch zu unreif ist und zuerst viele Dinge lernen muss.

Was aber ist Reife?

Ein junges Gesicht, ein Kindergesicht ist noch unbeschrieben, voller Unschuld, Neugier und Nichtwissen. Ein altes natürliches Gesicht trägt die Geschichte des Lebens. Aber wir haben verlernt, uns zu zeigen und uns zu konfrontieren. Hingabe und Vertrauen sind verschwunden auf Kosten von Kontrolle und Sicherheit: Lebensverlängerung durch Organübertragung, Leben aus der Retorte, Besiegen von Vergänglichkeit, Veränderung, Tod und Sterben ist groß geschrieben in unserer technisch immer perfekteren Welt. Doch parallel zu vielen Sicherheiten nehmen auch Ängste zu. Angst letztlich nicht geliebt zu sein, nicht dazuzugehören, verstoßen zu werden. So auf jeden Fall erlebe ich es selbst und auch in meinen Seminaren, wo ich viele Leute begleitet habe in die Welt nach innen.Wenn ich über den Lebenssinn nachdenke, sehe ich, dass es 2 Lebenslinien gibt, nämlich eine innere und eine äußere. Die Körperliche äußere steigt an und sinkt spätestens ab 40 wieder  ab, während die innere Lebenslinie stetig ansteigen könnte.In der ersten Lebenshälfte sind wir auf die Zukunft fixiert. Immer neue Ziele mobilisieren unsere Kräfte: Die Schule, der Beruf, Ehe und Partnerschaft, Kinder, Erfolg, ein gepolstertes Bankkonto, Haus, Besitz, Reisen ……… Wünsche, Bedürfnisse fokussieren unsere Energie. Gleichzeitig identifizieren wir uns mehr und mehr mit dem Körper und unserer Persönlichkeit.  Das erhoffte Glück aber ist nicht eingetroffen: Diese Sehnsucht im Herzen nach mehr bleibt. Viele Leute resignieren an diesem Punkt, sind enttäuscht und deprimiert und flüchten sich in Ersatzbefriedigungen oder Krankheit. Aber alle äußeren Ziele müssen sowieso eines Tages zurückgelassen werden, alles ist vergänglich. Nur das „innere Haus“ macht uns zu reifen Menschen und nur unsere innere Wirklichkeit können wir mitnehmen. Sie ist eine Art Treppe zum Licht, zu dieser unglaublichen Erfahrung im Moment des Todes, wo wir aus der Enge des Körpers aussteigen und die Flügel ausbreiten in eine andere Dimension ähnlich dem Schmetterling, wenn er im Moment des Verlassens seines Kokons endgültig von der Raupe zum Schmetterling wird.In der zweiten Hälfte werden körperliche Kräfte, Wünsche und Bedürfnisse weniger, so wie auch die Zeit weniger wird. Zukunft ist nicht mehr so attraktiv. Wir könnten leichter im jetzt leben. Vieles ist ja bereits gelebt und viel Neugier ist befriedigt. Spätestens jetzt können wir umdrehen von der äußeren Suche nach innen. Mit dem körperlichen Abbau werden zudem die nach außen orientierten Sinne (Augen, Ohren) schwächer. Auch das befreit viel Energie, um nach innen zu hören und nach innen zu schauen.

Was ist Sehnsucht

dieses ewige Drängen nach etwas, nach mehr, nach Dazugehören, nach Einheit, Ganzheit, Heilsein, Hoffen, Glück, Liebe?

So wie Osho sagt „Der Mensch ist nicht fertig, wenn er ausgewachsen ist – er ist eine Möglichkeit. Er trägt ein Potential. Er kann es benützen oder verpassen. Die Pflanze, der Stein, das Tier ist bestimmt. Der Mensch ist frei, sein Potential für Wachstum zu benützen oder nicht“. Menschwerden heißt im eigentlichen Sinne Reifwerden.

Jeder Mensch muss begreifen, dass die Bewegung von außen nach innen geht, von der äußeren Beziehung zur inneren Beziehung. Das Äußere muss gelebt werden, um zu verstehen, dass die Göttlichkeit in uns selbst ist, schon immer. Unser Inneres ist im Grunde ein Abbild des ganzen kosmischen Geschehens. Körper, Seele, Geist sind eine Ganzheit, rund und heil. Unser Sehnen in der äußeren Welt sind Projektionen, die gelebt werden wollen, weil wir uns getrennt fühlen. Jeder kreiert Leid, so lange er Verantwortung abgibt, Erwartungen und Bedürfnisse hat und auf die Zukunft hofft. Die Sehnsucht nach Einheit treibt uns aber immer weiter voran  –  die Sehnsucht nach Ergänzung, nach Teil eines Ganzen zu sein. Das beste Beispiel ist wohl die Liebesbeziehung von Mann und Frau, wo für einen Moment immer wieder tiefste Erfüllung passiert im sexuellen Orgasmus. In dieser Verschmelzung und in dieser Einheit besteht die Möglichkeit für ein neues Leben, ein Kind. Die Person verschmilzt in eine Ganzheit  – leider nur kurz – die Einheit verschwindet wie eine Fata morgana. Man sinkt wieder zurück in die Zweiheit, zurück in Halbsein. Die Frau ohne Mann ist eine Halbheit wie auch der Mann ohne Frau. Doch die Sehnsucht ist erneut da. Die Suche, die Hoffnung geht weiter. Wenn nicht dieser Partner, dann ein anderer. Wir tragen die Sehnsucht, das Wissen, dass es die Ganzheit gibt, denn die Seele kommt aus der Ganzheit. Bei der Inkarnation in den Körper geht das Wissen um diese Ganzheit verloren, aber die Ahnung bleibt vorhanden. Wir fühlen unser Getrenntsein von der Ganzheit als Schmerz. Wir sind herausgefallen aus dem Paradies. Der gegengeschlechtliche Partner ist Stellvertreter für das Fehlende. Er hilft, alle unsere unbewussten schlafenden Bereiche wie Angst, Minderwertigkeit, Wut, Lust, Eifersucht, Schmerz, Bedürftigkeit,  Freude, Liebe zu öffnen………aber in der Reife verstehen wird, dass das Sehnen nicht zum äußeren Partner, sondern zu unserer Ganzheit geht. Ruhe, Friede, Stille entstehen, wenn unser „inneres Haus“ bewusst und heil geworden ist. Nie ist im Körperlichen die Einheit möglich, Dualität kann nicht auf dieser Ebene aufgelöst werden. Trotzdem ist der Körper unser Lehrmeister. Wir erleben ständig angewandten Unterricht. Sexualität ist unsere stärkste Kraft und beherbergt wie der Weg des Tantra sagt das Geheimnis der Vermählung der dualen Welt von Dunkel und Licht, von Geist und Materie, von oben und unten, von hell und dunkel.Reif und erwachsen werden bedeutet, den Weg nach innen anzutreten, sich im Körperlichen zu verwurzeln im Schatten- oder Erdenreich. Auch ein Baum, vor allem ein alter Baum hat seine Wurzeln tief in die Erde getrieben, um zum Licht zu wachsen. Doch die Einheit kann nur auf der geistigen Ebene, im Licht erreicht werden. Die Pole können geeinigt werden durch deren Anerkennung. Reif sein heißt Erkennen, dass restlos alles, wonach wir äußerlich streben in uns selbst bereits vorhanden ist. Einzig unsere Sicht getrübt. Wenn man heil ist im Innen ist man heil mit allem. Bedingungslose Liebe und Mitgefühlt schließt alles ein und bringt uns zurück in die Einheit, zu Wahrheit, Einssein, Frieden und Stille. Ich selber habe eine lange Reise in äußere Ziele hinter mir. Es kam mir vor wie eine lange Reise zum Abbau von Illusionen. Immer wieder ließ ich alles hinter mir, das eigene Heim, meine Liebesbeziehung, meine kleine Familie für die große Familie von Oshos Kommune, neue Beziehungen, neue Ziele………das Leid wurde weniger – Verstehen mehr. Heute fühle ich mich äußerlich älter und innerlich jünger, entspannter. Meine 2 erwachsenen Töchter gehen wieder ihren Weg. Ich konnte es nicht wirklich weitergeben: Jeder muss wohl diesen Weg selber verstehen, ein Weg durch das Leid hin zu Bewusstheit und Meditation, zu Stille und Ganzsein, zu Frieden, Ruhe und Entspannung, zum Geheimnis des Lebens, des ewigen Kommen und Gehens.

Nur Bewusstheit und Liebe ist allumfassend.

Intimität    –
Die größten Irrtümer in Mann-Frau-Beziehungen und ihre tieferen Geheimnisse

 Während der letzten Jahrzehnte haben sich die Lebensbereiche Liebebeziehung und Sexualität stark verändert.

Zum einen ist die Entwicklung des Individuums anstelle von Familien- und Sippendenken getreten. Die Frau hat sich aus der Abhängigkeit vom Mann durch eigene Berufskarriere befreit. Außerdem bestimmt sie dank der Entwicklung der Pille eine ev. Mutterschaft selbst.

Zum anderen ist „Sex“ ist heute ein seltsames Wort geworden.

Jahrelang durfte man es kaum laut aussprechen. Heute kann es schon bald keiner mehr hören. Medien, Bücher, Plakate, Werbung jeder Art – alles spielt offen mit Nacktheit und Sex. Um „in“ zu sein, muss man auf jeden Fall sexy sein. Dabei ist kaum jemand wirklich so offen und aufgeschlossen wie es aussieht. Man zeigt zwar viel Haut – ist schnell bereit – auch nicht abgeneigt, sich mit neuen Erfahrungen zu konfrontieren – aber tiefere Offenheit und Intimität kommen selten zustande.

Die alten Clichés gehen weiter: Der Mann ist, genauso wie die Frau, gefangen in einem Jahrhunderte alten Image.

Ein großer Irrtum

Fast jede(r) ist in dem Irrtum gefangen, dass Glück und Zufriedenheit von außen, vom anderen kommt.

Diese tiefe Überzeugung hat ihren Ursprung in einer Fehlentwicklung im Baby- und Kleinkindalter. Ein Baby allein ist total abhängig und braucht Nahrung, Wärme, Zuwendung und Liebe für sein Überleben. Dies kommt natürlicherweise von außen, hauptsächlich von der Mutter. Diese äußere Zuwendung wird so lange in Anspruch genommen, bis das Kind genügend Kraft und Vertrauen entwickelt hat und damit in die eigene Kraft, den eigenen Willen und das eigene Handeln kommt . Bei einer gesunden Entwicklung wird das Kleinkind damit immer freier und unabhängiger von der äußeren Person.

Unglücklicherweise, da wir diese Zuwendung alle zu wenig, oder gekoppelt mit Forderungen, Gegenleistung und Manipulation erfahren haben, kann der zweite Schritt in eine gesunde Freiheit nicht richtig erfolgen. So suchen wir ein Leben lang weiter nach der Befriedigung von außen, die leider aber – auch wenn erhalten – so sehr abhängig macht, dass sich niemals Freiheit und Liebe, Würde und Selbstvertrauen entwickeln kann. Daran zerbrechen letztlich viele Beziehungen, die vielversprechend begannen und auch viel Potential besaßen.

In meinen Augen muss heute jeder lernen, Erwartungen und Vorwürfe wie auch Schuldzuweisungen loszulassen. Das Glück kommt nicht vom anderen, sondern von einer inneren Ganzheit. Keiner trägt die Verantwortung für das Glück oder Unglück des anderen. Es ist Zeit, die Irrtümer und Fehler unserer Vorfahren zu erkennen und für

Heilung und Bewusstheit zu sorgen.

Erst dann kann sich das Mysterium der Beziehung Mann-Frau als die kostbare Bereicherung in unserem Leben entfalten, die sie eigentlich ist.

Dazu ist nicht nur nötig, alles Alte loszulassen. Es braucht außerdem eine unglaubliche Portion Mut, sich der eigenen Schattenpersönlichkeit zu stellen mit den dort verdrängten

schwierigen Gefühlen wie Angst, Verzweiflung, Schmerz, Wut, Zorn und Ärger, Eifersucht und Neid, Ablehnung und Minderwertigkeit. . Es ist leicht, Verantwortung abzugeben an den Anderen und ihm die Schuld für Fehlentwicklung und Leid zuzuschieben.. Aber, wie schon erwähnt, basiert der Traum von der Erfüllung im Außen auf einem frühkindlichen Mangel, den wir nun selber beheben müssen, da weder Mutter noch Vater je zurückkommen. Es ist höchste Zeit, aus dieser Illusion aufzuwachen und die Verantwortung für unser Glück selbst in die Hand zu nehmen.

Erst dadurch wird eine intimere Beziehung zu uns selber und damit auch Intimität mit einem Partner möglich.

Was ist Intimität

Ehrlichkeit und Intimität gehören zu unseren tiefsten Sehnsüchten. Jeder träumt davon, mit einem Partner wirklich intim zu sein. Meist entspricht nun aber das in einer Beziehung „Geteilte“ nicht den ersehnten Vorstellungen von Liebe und Harmonie. Man beginnt deshalb zu kämpfen, will den anderen verändern und muss schließlich resignieren oder sich wieder trennen. Ein weiterer Irrtum besteht darin, dass der andere „schuld“ ist, also der richtige Partner noch gesucht werden muss.

Intimität beginnt aber bei dir selbst. Denn, wie und mit was willst du intim sein, wenn du selber vor dir wegläufst. Jeder muss sich als erstes zu sich selbst und nach innen wenden. Das ist ein ziemlich schwerer Schritt, da hier vieles verdrängt ist, was man nie mehr sehen möchte, geschweige denn zeigen oder sogar teilen. Lieber teilen wir unser erarbeitetes und poliertes Image.

Die Angst vor Ablehnung sowie der eigene innere Kritiker sind so groß, dass es sehr viel Mut braucht, intim, d.h. im Kontakt mit sich selber zu sein. Wenn jemand aber nicht im Kontakt ist, kann er keinen ehrlichen Kontakt zum anderen schaffen. Intim sein beginnt deshalb immer mit Wahrnehmen, Fühlen, Akzeptieren, was uns weder vorgelebt noch gelehrt wird. Das Gegenteil ist der Fall: Wichtig ist die Wirkung im Außen, Anerkennung, Präsentieren, Erfolg.

Wenn sich nun in einer Beziehung die sogenannten Images begegnen, tritt an die Stelle der ersehnten Intimität Oberflächlichkeit, Kompromisse, auch Anstrengung, Resignation und Frust. In der Folge organisiert man sich entsprechend, oder man trennt sich wieder. Nicht selten wird irgendwann beschlossen, „ich habe lieber meine Ruhe, bleibe allein oder nur mit lockeren Bindungen“.

Vereinsamung in der Zweierbeziehung oder Single-Dasein sind deshalb heute immer häufiger, umso mehr als Ehe und Familie gesellschaftlich nicht mehr ein Muss sind.

Aber eines steht fest: Nur wer mit sich selber intim ist, kann mit dem Partner intim sein. Nur wer zu sich steht, kann sich teilen. Nur wer sich teilt, kann entspannt und ehrlich leben. Und vor allem: Nur in Intimität kann das tiefere Geheimnis von Mann und Frau, resp. der Natur des Männlichen und Weiblichen erforscht werden. Das revolutionäre Werk des Schweizer-Psychologen C.G. Jung mit der Animus/Anima-Theorie erklärt, dass in jedem von uns weibliche und männliche Anteile vorhanden sind.

Viele Konflikte entstehen nur, weil Männer es gewöhnt sind, sich als Männer zu begreifen und Frauen sich selbst nur als Frauen betrachten. Laut C.G. Jung aber besitzt jeder Mensch beide Polaritäten. Er verdrängt allerdings die gegengeschlechtlichen Anteile so lange, bis er sich z.B. dank einer wirklichen Liebesbeziehung in Bewusstheit und Verstehen weiter entwickelt. So kann er jetzt seine fehlende Hälfte integrieren und damit innerlich heil oder ganz zu werden. Davor zwingt und jahrelange Konditionierung fast immer, als „halbe Wesen“ zu leben und die Ergänzung im äußeren Partner zu suchen, was unfrei, abhängig und zweifelsohne unzufrieden macht. Die Tatsache aber, dass in jedem von uns männliche und weibliche Qualitäten

vorhanden sind und vereint sein könnten, erklärt nicht nur das unglaubliche Phänomen von Verliebtsein, sondern führt außerdem zu einem absolut neuen Verständnis von Sexualität und Liebe.

Das Phänomen des Verliebens

Wenn sich nämlich jemand verliebt, projiziert er die innere entgegengesetzt polare Energie, die er wegen Konditionierung nicht leben kann, nach außen auf einen Partner:

Also die Frau ihre innere männliche Energie auf einen äußeren „Traum-Mann“, – der Mann entsprechend seine innere weibliche Energie auf eine äußere „Traumfrau“. Wenn nach einer gewissen Zeit das Verliebtsein wieder der Alltagsrealität weicht, zerfällt die Phantasiewelt der Projektion.

Man sieht den äußeren Partner endlich in seiner Realität, die Träume werden

enttäuscht. Das dann einsetzende Hadern und Nörgeln zerrüttet oft die Nähe, die im sich Verlieben so vielversprechend begann.

Erst bei tieferem Verstehen kann man begreifen, dass es eben ein Irrtum ist, dass die Erfüllung von außen kommt. In einer von Liebe getragenen Beziehung könnte jetzt der entscheidende Prozess passieren, nämlich, die äußere Enttäuschung zu akzeptieren und als Möglichkeit zu nützen, die innere verdrängte Polarität zu heilen.

Eine in ihren Polaritäten „integrierte Frau“ ist in ihren Gefühlen geankert, kann alleine in in der Welt stehen, für sich sorgen und Dinge in die Tat umsetzen. Sie besitzt Autorität und Stärke.

Die Aussagen und Handlungen von einem „integrierten Mann“ dagegen haben Echtheit und Tiefe, entstanden durch eigenes Fühlen und Erleben. Er zeichnet sich aus durch Mitgefühl und Klarheit.

Erst ein solcher Mensch besitzt durch die innere Zuneigung und Fürsorge Intimität mit sich selbst und kann in Freiheit mit äußeren Partnern sein, weg von Abhängigkeit, Manipulation und Kampf. Diese Intimität und Freiheit nährt seine Liebe in tiefster Verbundenheit mit sich selbst und dem anderen.

Erst jetzt ist Liebe möglich. Vorher war die Liebe gefärbt von Abhängigkeit und der kindlichen Angst ums Überleben. Wahre Liebe setzt absolute Freiheit voraus. Durch diesen Prozess ist ein Mensch ganz und im wahrsten Sinne liebes- und beziehungsfähig geworden.

Dieses Gefühl ist ein wunderbarer Augenblick im Leben eines Jeden – – – – –

und dies ist eine wahrlich neue Perspektive für die heutige Verwirrung um das Thema Mann-Frau, Sexualität und Liebe.

Die Kraft der Frau – Interview Regena-Zeitschrift, Tschechien

mit Viramano Wermund

Frage: Wie kommt es, dass Du Frauenarbeit machst?

Viramano: Die Frau konnte sich durch die in den letzten Jahrhunderten eingerichtete Verurteilung von Körperlichkeit, Sinnlichkeit und Sexualität nie in ihrer Kraft entfalten. Sie hat ihre ursprünglichen natürlichen Fähigkeiten vergessen und den Kontakt zu Weiblichkeit verloren. Sie ist heute gefangen in ihrer Identität in bezug auf den Mann, auf Muttersein, ihre Karriere als Berufsfrau oder überlastet in Doppelrollen. Gerade für die Frau aber ist das Becken, der Bauch, die Brüste, ihre sexuelle Lust und Hingabe von besonderer Bedeutung . Außerdem braucht sie immer wieder Zeit, Achtsamkeit und Muße, um – wie es der Natur der weiblichen Empfangens entspricht – versehentlich aufgenommene, ungute Energien wieder abzugeben sowie ihre Liebe und Kraft neu zu nähren.

Weibliche Sexualität ist allumfassend und lässt sich nicht auf erotisch-sexuelle Momente reduzieren – Schwangerschaft, Menstruation, Empfangen und Weitergeben, magische Heilkräfte und Spiritualität sind genauso Teile davon. Mit der Unterdrückung der Weiblichkeit, der Verbrennung der Hexen zum Beispiel, wurden ebenfalls die magischen Heilkräfte der Frauen verbrannt. Sogar noch im 19. Jh. wurde alles unternommen, damit die weibliche Sinnlichkeit und Lust ausgeschlossen bleibt. Die Frau durfte sich z.B. nur so bewegen, dass die männlichen Sexualphantasien nicht erregt werden. Bis Ende 19.Jh. war die Frau ihrem Mann untertan: Seine Interessen und Ziele mussten gestützt werden. Sie ist für ihn und sein Temperament verantwortlich und muss sich selber total zurücknehmen.

Fremdbestimmung und Unwissenheit prägten ihre Beziehung zum Körper. Es gab keine Aufklärung. Man wusste nichts über die monatliche Regelblutung und verstand sie eher als schlimme Krankheit, oder Strafe Gottes für Onanieren, ganz zu schweigen von den weit verbreiteten Ritualen der Beschneidung der weiblichen Genitalien. Sex war verbunden mit Schuldgefühlen, Angst vor Krankheiten, Schwangerschaft und Schmerzen. Gegen Geburtsschmerzen durften keine Mittel genommen werden, denn die Frau sollte ihr Kind von Gott gewollt unter Schmerzen gebären.

Erst ca. um 1900 begannen sich heimlich einige Frauen zusammenzufinden und experimentierten mit ihrem Körper, mit Atem- und Leibesübungen. Sie entdeckten zum Beispiel, dass Körper und Geist zusammengehören, dass Atem nicht nur lebensnotwendig ist, sondern dem tiefen Rhythmus von Leben und Tod entspricht, dass ihre Weisheit im Inneren ihrer Körper liegt. Dies war unter anderem der Anfang der heutigen Körpertherapie.

 

Frage: Heute hat sich dank der Medizin und Aufklärung vieles geändert. Warum brauchen die Frauen Selbsterfahrungsgruppen?

Viramano: Heute hat sich die Situation äußerlich sicher sehr verändert. Die Frau hat sich emanzipiert und ihren Körper samt Bestimmung über Schwangerschaft oder nicht, wieder in Besitz genommen. Allerdings richtet sie sich nach wie vor sehr nach männlichen Werten und Maßstäben. Diese sind auf den ersten Blick einfach attraktiv und schnell, kurzweilig und spannend, logisch und Erfolg versprechend. Der männliche Weg scheint ihr einfacher als sich um die weiblichen Verletzungen zu kümmern, sich genügend Zeit und Stille zu kreieren.

Dadurch bleibt sie aber oberflächlich, analytisch, im Wettlauf mit männlichen Richtlinien und durch den Verstand kontrolliert.

 

Frage: Warum leitest du Frauengruppen und warum dauert der Prozess „Die Kraft der Frau“ zwei Jahre?

Viramano: Frauengruppen leite ich schon über 10 Jahre. Dabei habe ich immer wieder festgestellt, dass die Frauen eigentlich langsam sind und wirklich Zeit brauchen, um sich tiefer einzulassen. Auch kann das Vertrauen, sich in der Tiefe zu öffnen nicht in ein paar Tagen eingerichtet werden. In matriarchalen Kulturen gab es früher die sogenannten Frauenhäuser, wo sich die Frauen regelmäßig jeden Monat zurückziehen konnten. Die weibliche Natur ist so verletzlich, dass sie einfach immer wieder Zeit braucht, um sich zu finden und im wahrsten Sinne „ über die verschiedenen Thematiken zu brüten“. Deshalb habe ich mich für diesen langen zweijährigen Heilprozess entschlossen, in welchem die gleichen Frauen sich immer wieder und immer tiefer begegnen können. Außerdem rege ich die Teilnehmerinnen an, unter sich zusätzlich zwischen den Seminarteilen zu zweit Kontakte und Gespräche zu pflegen.

 

Frage: Was passiert in deinen Seminaren?

Viramano: In meinen Gruppen möchte ich die Frauen unterstützen, die Beziehung zum Körper und seinen Gefühlen wieder herzustellen. Wir machen Kontakt mit weiblicher Weisheit und eigenen Kraftquellen. Wir wollen unsere Liebe, Lust und Lebensfreude sowie unsere Würde und das Potential für spirituelles Wachstum zurückgewinnen. Da es heute ja keine oder nur wenige Vorbilder gibt, muss vieles neu erarbeitet werden. Dazu müssen die Frauen unter Frauen sein, unter sich Misstrauen ab- und Vertrauen aufbauen, und die schwierige Reise nach innen antreten. Dort sind ihre Verletzungen und Gefühle tief im Unbewussten vergraben, genau wie von Natur aus alles Weibliche im Inneren und Dunklen verborgen ist.

Es gibt zwar heute einige starke und rebellische Frauen auch aus der Zeit des Feminismus, die zwar laut, aber keineswegs in ihrer Weiblichkeit verwurzelt sind, sondern eher mit männlichen Mitteln operieren. Sie arbeiten mit vorfabrizierten Theorien und Methoden, die keineswegs dem weiblichen Weg entsprechen. Auf dem weiblichen Weg zu sein bedeutet, die eigene Wahrheit zu finden und zu leben, ,, eigenwillig seinen Weg zu gehen“, sich von der inneren Stimme leiten zu lassen und den Bauchgefühlen zu vertrauen.

Gerade heute, in der Zeit wo vieles zerfällt, hat vor allem die Frau zusätzlich die Aufgabe, Neues in sich reifen zu lassen und dies unserer männlich geprägten Gesellschaft zur Verfügung zu stellen.

 

Frage: Wie arbeitest du und was passiert konkret in deinen Seminaren?

Viramano: Der wichtigste Leitsatz heißt Meditieren statt Therapieren. Der unbewusste Mensch lehnt sich immer an die von der Gesellschaft eingerichteten Normen und Regeln an. Nur der Meditierer kann Eigenständigkeit erreichen und sich von alten Identifikationen und Abhängigkeiten lösen. Nur durch Meditation entsteht Demut und Hingabe, ein tieferes Verstehen des Mysteriums von Mann und Frau.

Die Frau muss vor allem geschult werden, wie ihre eigene Sexualität im Gegensatz zur männlichen Sexualität funktioniert. Sie muss sich im wahrsten Sinne endlich selbst um ihren Körper kümmern. Sie muss lernen, ihre vielen Gefühle von Emotionen zu unterscheiden, dafür Verantwortung zu übernehmen und durch ihre oft hysterischen Überreaktionen sich selbst und andere nicht immer wieder neu zu belasten. Sie muss alte Traumas heilen und loslassen. Sie kann mit ihrem natürlichen Zugang zu Gefühlen tiefer gehen und sie dort heilen, wo sie entstanden sind. Dadurch heilt sie nicht nur sich selbst, sondern öffnet ihren Zugang zu Spiritualität, weiblicher Weisheit und Heilkraft jenseits von Gedanken und Worten. Aber dazu braucht sie vor allem Zeit und einen Raum von Geborgenheit und Vertrauen, denn Gefühle sind nie so schnell wie Gedanken.

Während wir im ersten Teil des Prozesses „Die Kraft der Frau“ vor allem alten Verletzungen und Missverständnissen begegnen, ist der zweite Teil der neuen Vision von Frausein gewidmet: Eine Frau, die geankert ist in ihrer eigenen Wahrheit, die ja sagen kann zu ihren schönen und hässlichen Seiten – eine Frau, die ihr Potential für weibliche Sexualität und spirituelles Wachstum wieder in Besitz nehmen kann und erkennt, dass sie mehr zu geben hat als in dieser männlich orientierten Gesellschaft bekannt ist.